Die Langer Villa in Zwittau, Neustadt Nr. 35

Langer Villa in Zwittau

Der Besitzer dieser Villa, Robert Langer, starb am 06. Mai 1931 in Prag eines plötzlichen Todes. Der Leichnam wurde auf Wunsch seiner Frau Irene im Prager Krematorium verbrannt.
Schon 1930 hatte er die Villa samt dem dazugehörigen Park und Feldbesitz verkauft. Der einst sehr reiche Mann verlor sein Vermögen und musste Stück um Stück seines Besitzes verkaufen. Anfang April 1931 übersiedelte er nach Prag, wo er wenige Wochen darauf starb. Der Niedergang dieses Hauses brachte ältere im Volksmunde nie verstorbene Gerüchte in neuer Erinnerung. Zur Überprüfung der Richtigkeit dieser Erzählungen wurde vom Schreiber dieser Zeilen die im Kloster der Barmherzigen Schwestern in der Neustadt lebende alte Försterswitwe Neuwirth aus Mändrik bei Leitomischl befragt, die in jungen Jahren die nachstehend erzählten Begebenheiten teils selbst erlebte, teils aus dem Munde einer Freundin, die einst in Jonsdorf lebenden Handsarbeitslehrein Emile Tempes, welche eine Tochter des später genannten Ignatz Tempes war, wahrheitsgemäß gehört hat.

Langer Villa in Zwittau

An der Stelle der Langer Villa stand einst ein Bauerngrund, gehörend dem Ignatz Tempes, im Volksmund Butternaz genannt. Dieser Tempes war ein wohlhabender, rechtschaffener Mann, der neben der Landwirtschaft ein ausgedehntes Holzgeschäft mit sechs Paar Pferden betrieb.
Julius Langer, Hausbesitzer in der Melzgasse Nr. 57, Vater des obigen Robert Langer, wusste den Tempes zu bereden, dass dieser ihn als Teilnehmer ins Geschäft aufnahm. Langer führte hauptsächlich die Geschäftsbücher und die Kassa. Tempes schenkte dem Geschäftteilhaber allzu lange ein allzu großes Vertrauen. Endlich drängte Tempes auf genaue Verrechnung, wobei Langer sehr hohe Forderungen an Tempes richtete, die den Bedauernswerten fast zu Grunde gerichtet hätten. Es kam zu einem gerichtlichen Prozess, der etwa zwei Jahre dauerte. Bei Gericht sollte Langer seine Aussage beeiden. In diesem Augenblick sprach Tempes folgende beglaubigte Worte „ Eid nicht“! Hast mich um mein zeitliches Vermögen gebracht, so will ich dich nicht um Dein Seelenheil bringen. Vor Gram und Schmerz starb Tempes vor Beendigung des Prozesses. Die Zwittauer Sterbematrik berichtet: „1886 am 3. November gestorben und am 5. November begraben aus dem Haus Neustadt Nr. 5 Tempes Johann Ignaz, Grundbesitzer in Zwittau, Sohn des Ignaz Tempes Erbrichter in Mohren, und dessen Gattin Johanna, 60 Jahre alt, Lungenentzündung, versehen von Josef Barwig, Pfarrer in Rente (Hausgeistlicher im Kloster der barmherzigen Schwestern) begraben von Robert Schönke, Administrator.“
Die Witwe Tempes traf mit dem Langer einen außergerichtlichen Ausgleich, wobei dieser den Bauerngrund Tempes mit etwa 100 Metzen Acker um 32.000 Gulden übernahm. 12.000 Gulden zahlte Langer aus, während 20.000 Gulden zur Deckung der an Tempes gestellten Forderungen abzog. Diese Zahlen wurden vom greisen Messner Raimund Folbek genannt. Die Familie Tempes kaufte in Ketzelsdorf ein kleinen Bauergrund und übersiedelte dahin. Langer ließ das Gebäude des Tempes niedereißen und erbaute hier die herrliche Villa.

Nun sprach Tempes aus dem Sterbebette, der Betrug werde dem Langer kein Glück bringen. Die Witwe soll – nach Rauimund Folbek – dem Langer gegenüber, ohne ihm jedoch etwas Böses zu wünschen, einmal gesagt haben: „ Ich denke, in diesem Hause wird kein Glied der Familie Langer sterben“. Dieser Ausspruch erhielt sich im Volksmunde. Julius Langer führte das Holzgeschäft alleine weiter und scheute auch weiterhin vor Betrug nicht zurück. Er legte sich hinter seinem Hause Melzgasse Nr. 57 ein Dampfsägewerk an.

Der einstige Thurn- und Taxische Oberförster Höflinger in Leitomischl spielte Langer große Holzbestände zum Schaden seines fürstlichen Herrn mit betrügerischer Verrechnung in die Hände und empfing vom Langer Gegengeschenke. In der Verwaltungszentrale nach Regensburg einberufen, kam Höflinger bald wieder nach Leitomischl zurück und betrieb weiter die betrügerischen Geschäfte mit Langer. Unter andern empfing Höflinger von Langer ein schönes Pferdegespann mit Schlitten. Als Höflinger das erste Mal mit dem Gespann im Winter ausfuhr, scheuten die Pferde auf dem abschüssigen Wege vom Schlosse infolge des Geräusches der angezogenen Schlittenbremse. Höflinger erkannte die Gefahr und warf sein mitgenommenes Töchterlei aus dem Schlitten in den Schnee, so dass dem Kinde nichts geschah. Er selbst konnte sich aus der Umhüllung nicht schnell genug frei machen und wurde mit dem Schlitten in solcher Wucht gegen die Hausmauer geschleudert, das er tödlich verunglückte. Der Kutscher kam mit Verletzungen davon. Der Freund war tod, die Geschäfte des Langer gingen weiterhin gut.

Obiger Ausspruch der Frau Tempes ging mittlerweile buchstäblich in Erfüllung.
Julius Langer starb am 22.05.1901 im Allgemeinen Krankenhaus zu Wien, IX. Bezirk während einer Operation. Nach Zwittau überführt, wurde er am 26. Mai 1901 im Familiengrab beigesetzt.
Marie, Witwe nach Julis Langer, starb am 25. November 1906 an der Klinik zu Wien und wurde am 28. November in Zwittau beigesetzt.
Robert, Sohn des Julius Langer und Erbe der Villa samt dem einstigen Tempischen Feldbesitzes, starb wie erwähnt, plötzlich in Prag und wurde hier eingeäschert. Die Urne wurde im Familiengrab auf dem Zwittauer Friedhof beigesetzt.
Von den zwei Kindern dieses Robert Langer starb Irene, geb. am 8. Juli 1896 in einem Pensionat zu Dresden, versehen mit den hl. Sterbesakramenten, am 30. September 1911 an Bauch Typhus und wurde nach Zwittau überführt. Erich, einziger Sohn des Robert Langer , starb am 19. November 1914 als Krieger an den Folgen eines Kopfschusses im Festungsspital in Krakau und wurde nach Zwittau überführt.
Irene, Witwe nach Robert Langer, lebte als Private in Zwittau, aber nicht mehr in der Villa, sondern in einer Mietswohnung. Sie starb am 12. Jänner 1940 im Spital und wude von da aus am 15. Jänner begraben.

Quelle: Chronik der Pfarre Zwittau von 1917-1934, Seite 250-251

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