Kaiserliche Anordnung vom 20.2.1784 zur Führung der Kirchbücher

Wir Joseph der Zweyte, von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kaiser,
zu allen Zeiten Mehrer des Reichs,
König von Germanien, Hungarn, und Boheim, Galizien, und Lodomerien etc,
Erzherzog zu Österreich, Herzog zu Burgund, und zu Lotharingen etc. etc.

Die Register über Trauung, Geburt, und Sterben sind sowohl in Ansehen der öffentlichen Verwaltung, als der einzelnen Familien von großer Wichtigkeit. Die öffentliche Verwaltung erhält daraus über das Verhältnis, über die Vermehrung oder die Verminderung der Ehen, über den Zuwachs, über den Zuwachs und Abgang der Gebohrnen, über die vergrößerte oder verminderte Sterblichkeit nützliche Kenntnisse. Einzelnen Familien dienen sie in mehr als einer Angelegenheit zu beweisenden Urkunden, und nicht selten sind sie die grundlage gerichtlicher Entscheidungen, von denen der Stand des Bürgers, und ganzer Verwandtschaften abhängt. Aus diesem Grunde sind Wir dem Wohl unserer Unterthanen die Sorgfalt schuldig, diesen Registern, deren Gestalt bis itzt bloß willkührlich, deren Glaubwürdigkeit von einem einzelnen Menschen abhängig war, eine solche Einrichtung vorzuschreiben, welche, da sie dieselben der Absicht des Staates brauchbar machet, mit der allgemeinen Gleichförmigkeit, zugleich die gesetzmäßige Sicherheit vereinbaret.

§ 1 Jeder Pfarrer also hat von nun an über seinen Sprengel drey abgesonderte Bücher zu führen: ein Trauungsbuch, ein Buch zur Einzeichnung der Gebohrenen, und ein Buch über die Gestorbenen. Das Trauungsbuch muß nach dem unter Nr.1 beigefügten Formular folgende Rubriken haben: Tag, Monat und Jahr der Trauung, den Numer des Hauses, den Tauf und Zuname des Bräutigams, die Religion,, und Alter desselben, ob er unverheyrathet, oder Witwer ist: Tauf und Zuname der Braut, ihre Religion, Alter, unverheyrathet. oder Witwe. Tauf und Zuname der Zeugen, oder sogenannten Beistände, und ihren Stand.

§ 2 Die Rubriken des Bräutigams, und der Braut werden von demjenigen eingetragen, so die Trauung verrichtet. Die Zeugen aber sollen, wenn sie des Schreibens kundig sind, sich jedes Mal eigenhändig einschreiben. Können sie nicht schreiben, so schreibt dr Schulmeister, oder sonst jemand an ihrer Stelle ein. Jedoch müssen sie die an ihrer Statt gemachte Einschreibung mit einem Kreuze, oder sonst einem Zeichen von ihrer Hand auf die Art, wie es sonst bei Testamenten oder Verträgen üblich ist, bekräftigen.

§ 3 Am Ende einer jeden Seite des Trauregisters unterzeichnet der Pfarrer seinen Namen eigenhändig. Wenn aber eine Trauung nicht von dem Pfarrer selbst verrichtet worden, so muß bei jedem Falle von dem Trauenden besonders unterzeichnet werden. Ein ordentlicher Kooperator unterzeichnet lediglich mit dem Beisatze Kooperator. Wenn aber ein fremder Priester an der Stelle des Pfarrers die Trauung verrichtet, so ist seiner Fertigung noch beizusetzen: daß er von dem Pfarrer die Vollmacht erhalten hat.

§ 4 Um sowohl die Zahl der Gebohrenen überhaupt, als die Zahl der Kinder von jedem Geschlechte, dann ob sie in oder außer der Ehe erzeugt worden, sehen zu können, sind dem Geburtsregister nach dem Formular unter Nr.2 folgende Rubriken zu geben: Jahr, Monat und Tag der Geburt, der Hausnumer, des Kindes Taufname, sein Geschlecht, ob ehelich, oder unehelich: der Tauf und Zuname der Aeltern, ihre Religion: Der Tauf, Zuname, und Stand der Pathen (Gevatter).
Bei unehelichen Kindern ist der Name des Vaters in den Taufbüchern nicht mehr beizusetzen. Denn diese bloß nach der Aussage der Mutter, nach einem ungefähren Rufe, oder der Vermutung des Seelsorgers mögliche Einschreibung bleibt immer sehr zweydeutig, setzt den vermeinten Vater in den Augen der Welt herab, und hat im Rechte weder auf Mutter noch Kind einigen Einfluß. Nur dann also ist bei unehelichen Kindern der Name des Vaters beizusetzen, wenn dieser sich selbst dazu bekennt. Die Pathen müssen gleich den Zeugen im Trauungsbuche entweder eigenhändig einschreiben, oder wenn jemand an ihrer statt einschreibt, die fremde Hand durch ihr beigesetztes Zeichen bekräftigen.

§ 5 Die Sterberegister bei den Pfarrern sind aller Orten nach dem Formular Nr.3 mit sechs Rubriken zu führen, nämlich Jahr, Monat und Tag des Todes, der Hausnumer, Name, Religion, Geschlecht, und das angegebene Alter des Gestorbenen. Wo aber in einem Orte zwar keine Todtenschau, jedoch ein Kreisphisikus, oder geprüfter Wundarzt vorhanden ist, kömmt zu den vorigen noch eine siebente Rubrik, nämlich der Krankheit und Todesart beizusetzen. Zu diesem Ende werden die Kreisphisici und Ortschirurgi angewiesen, dem Pfarrer bei jedem gestorbenen, zu dem sie gerufen worden, die Krankheit schriftlich anzuzeigen.

§ 6 Die Juden sind gleichfalls zu Führung dieser drey Register anzuhalten, und von denselben die vorgeschriebenen Rubriken mit der geringen auf ihre Religion angewendeten Aenderung beizubehalten. Wo ein Ortsrabbiner aufgestelt ist, hat derselbe die Register zu führen: bei den einzelnen Familien aber derjenige Rabbiner, welcher dem Orte am nächsten wohnet.

§ 7 Bei Untersuchung der Diözesen ist es pflicht der Bischöfe sich jedes Mal die Trauungsbücher, Geburt, und Sterberegister vorlegen zu lassen.

§ 8 Auch die Kreisbeamten haben von Zeit zu Zeit nachzusehen, ob diese Bücher aller Orten nach der Vorschrift geführt werden.

§ 9 Zu End eines jeden Jahres sollen die Pfarrer, wie auch die Rabbiner von allen drey Registern eine mit dem Formular in Rubriken übereinstimmende Jahrstabelle zusammenziehen, und dieselbe längstens bis halben Jänner, nebst dem Konskriptionsbezirke, auch an das Kreisamt einschicken.


Gegeben in unserer Haupt- und Residenzstadt Wien, den 20ten Tag des Monats Februarii im siebzehnhundert vier und achtzigsten unserer Regierung, der römischen im zwanzigsten, und der erbländischen im vierten Jahre. Joseph

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